Wiedereröffnung der Strecke Reinbek–Aumühle
Am Sonntag, den 26. Mai 2002, wurde nach achtjährigen Bauarbeiten im Rahmen
des Ausbaus der Fernbahn Hamburg–Berlin der Abschnitt Reinbek–Aumühle
der S-Bahn-Linie S21 wiedereröffnet.
Der erste Zug
Welcher Zug hat denn eigentlich die neue Strecke eröffnet? War es der
für das gemeine Volk nicht zugelassene Zug mit geladenen Ehrengästen,
der um kurz nach 11 Uhr von Bergedorf nach Aumühle fuhr? Oder
vielleicht der girlandengeschmückte erste Fahrgastzug um 12.06 Uhr ab
Aumühle? Oder doch der erste Zug nach Aumühle, der um 12.06 Uhr in
Bergedorf abfuhr? Ist eigentlich egal, und weil wir nicht überall
gleichzeitig sein konnten, gibt es hier nur Bilder des ersten Zuges
nach Aumühle seit 1994:
Ganz ehrlich: Dies ist die erste Anzeige eines Zuges nach Aumühle am
Hauptbahnhof nach der jahrelangen Zwangspause.
Hier fährt Zug 4004, relativ unspektakulär, vom Hauptbahnhof kommend in
Berliner Tor ein. Ziel: Aumühle.
Haltepunkt Reinbek
Bevor es auf die neue Strecke geht, muss erstmal die Haltestelle
Reinbek passiert werden. Gerade einen Tag zuvor wurde sie vom
Bahnhof zum Haltepunkt degradiert. Außerdem hat sie durch die
Inbetriebnahme des zweigleisigen S-Bahn-Verkehrs den Status
„Behindertengerecht“ verloren, weil der Mittelbahnsteig nur noch über
Treppen erreicht werden kann. Die ganze Haltestelle zeigt sich in einem
trostlosen, fast schon heruntergekommenen Zustand.
Nicht gerade einladend wirkt der Abstieg vom Mittelbahnsteig in
den Fußgängertunnel.
Heute mal (fast) ohne Graffiti-Verzierung: Der Fußgängertunnel zum
Bahnsteig.
Der stillgelegte Hausbahnsteig, ein Bild des Grauens.
Bahnhof Wohltorf
Widmen wir uns nun den erfreulicheren Dingen zu: Wer die Haltestelle Wohltorf
noch von früher kennt, wird sie nicht wiedererkennen. Der komplette
Neubau zeichnet sich durch eine großzügige, attraktive Architektur aus, die
für ein Dorf im Sachsenwald fast schon übertrieben wirkt. So staunt man über
die riesige Empfangshalle, deren einzige Funktion es ist, den Fahrgast auf
den letzten Metern vor Wetterunbilden zu schützen. Unter dem Dach
befinden sich lediglich eine Treppe, eine Rampe für Rollstuhlfahrer und
eine Sitzbank.
Neben der Eingangshalle wurde eine alte Tradition im Hamburger
Haltestellenbau wiederentdeckt: die Kunst am Bau. Eine Installation
aus Formsignal, Gleis, Schranke und Zugzielanzeiger erinnert an die
gute alte Zeit.
Auch die Ausstattung der Haltestelle hat Niveau: Die Sitzflächen der Bänke
sind aus Holz, ein Aufzug verbindet Tunnel und Bahnsteig, natürliche
und naturidentische Steine dienten als Baumaterial. Von Beton und den sonst
zurzeit üblichen blanken Metallflächen keine Spur.
Ein klein bisschen Kritik sei erlaubt: Nur der Eingang Kastanienallee
durch die große Halle ist behindertengerecht ausgebaut.
Die Treppe im Eingang Am Tonteich ist lediglich mit einer Kinderwagenrampe
ausgestattet, so dass Rollstuhlfahrer von dieser Seite einen langen Umweg
durch den Straßentunnel Eichenallee inkauf nehmen müssen. Vermutlich war
baulich keine andere Lösung machbar, denn Geld scheint für diesen
Bahnhof keine Rolle gespielt zu haben.
Blick von außen auf den Bahnsteig Wohltorf.
Ein Aufzug verbindet den Fußgängertunnel mit dem Bahnsteig. Glasdach
und helle Steine leiten das Tageslicht in die Tiefe.
Das Innere der großen Eingangshalle: Eine Treppe, eine Rampe und eine
Sitzbank.
Wer hat denn dieses Schild entworfen?
Früher hieß es Kunst am Bau: Eine Installation neben der Eingangshalle
erinnert an vergangene Eisenbahnzeiten in Wohltorf.
Bei der Dorfjugend beliebt: Der Eingang Am Tonteich. Hier konnte
keine richtige Rampe gebaut werden...
... so dass Rollstuhlfahrer einen Umweg durch den Straßentunnel
Eichenallee auf die andere Seite der Bahn machen müssen.
Bahnhof Aumühle
Am Bahnhof Aumühle endet die elektrische S-Bahn. Von hier aus geht es
mit Dieseltriebzügen weiter über Schwarzenbek nach Büchen. Beide Züge
halten am selben Bahnsteig, so dass ein bequemes Umsteigen gewährleistet
ist. Nicht gewährleistet ist allerdings ein direkter Anschluss. Insbesondere
Richtung Büchen sind 14 bis 18 Minuten Wartezeit die Regel.
Der Bahnhof selbst erscheint als eigenwillige Symbiose aus historischen
und neu errichteten Gebäudeteilen. Die denkmalgeschützte Eingangshalle
ist erhalten geblieben, der Anbau musste abgerissen und neu errichtet
werden, das ganze ruht auf mächtigen Betonsäulen. Die alte Konstruktion
ließ sich mit dem Ausbau der Fernbahn nicht in Einklang bringen.
Der Bahnsteig wurde ebenfalls komplett neu gebaut. Lediglich die
genieteten Stahlträger des Dachs sind restauriert worden. Eine Treppe und
ein Aufzug verbinden ihn mit der darüber liegenden Eingangshalle.
Sitzbänke mit Holz wie in Wohltorf gibt es hier zwar
nicht, aber auf Edelstahl sitzt es sich fast genauso gut.
Im 20-Minuten-Takt hält die S-Bahn auf der einen Seite des Bahnsteigs
in Gleis 4, der Dieselzug nach Büchen hält direkt gegenüber an Gleis
3 a. Im 10-Minuten-Takt wird für die S-Bahn das Gleis 3 b
benötigt, das von Gleis 3 a durch zwei (zur Seite klappbare) Prellböcke
getrennt ist.
Willkommen in Aumühle! Am Eröffnungstag ist der Bahnhof mit roten und
weißen Luftballons geschmückt.
Die Nieten verraten es: Die Stahlträger des Bahnsteigdachs sind
historisch. Die Restaurierung ist vollkommen gelungen, alles wirkt
nagelneu (alles andere ist auch nagelneu...).
Der HVV scheint dort draußen im Outback nicht viel zu sagen zu haben,
denn sowohl Wohltorf als auch Aumühle sind gemäß DB-Design ausgestattet
worden. Insbesondere die dunkelblauen Schilder unterscheiden diese
Bahnhöfe von den S-Bahn-Haltestellen in Hamburg. Die verwendeten Schriften
und Symbole entsprechen selten den HVV-Richtlinien.
Nur die Infovitrine ist Hoheitsgebiet des HVV.
Zwei Prellböcke trennen S-Bahn und Fernbahn auf Gleis 3. Wenn im
Ausnahmefall, z. B. bei Bauarbeiten, ein Zug von einer Seite
auf die andere fahren soll, werden die Prellböcke zur Seite geklappt.
Daher auch die Nischen in der Bahnsteigkante.
Viele Haltestellen im S-Bahn-Netz verfügen über Toiletten, die aber
meist verschlossen sind. Hier in Aumühle befinden sie sich im Treppengebäude
und sind (noch) geöffnet.
Ein Aufzug befördert Rollstuhlfahrer, schweres Gepäck, Fahrräder und
Fußfaule nach oben in die Eingangshalle.
Ein Blick von der Fußgängerbrücke auf den westlichen Teil des Bahnsteigs.
Im Hintergrund ist die Vereinigung beider Gleise zum Streckengleis zu
erkennen. Trotz der Eingleisigkeit kann in der Hauptverkehrszeit im
10-Minuten-Takt gefahren werden.
Das Gebäude auf der Fußgängerbrücke ist zum Teil historisch (Eingangshalle
links), zum Teil neu errichtet (Wirtschaftsteil rechts). Der Eingang
des Kiosks mit reichhaltigem Angebot zu humanen Preisen befindet sich
in der Eingangshalle.
Bemerkenswert und prägend am neuen Bahnhof Aumühle ist die Mischung
aus historischen und modernen Elementen, wie auf diesem Bild
die neuen Leuchten vor dem alten Bahnhofsgebäude oder wie oben die
restaurierten Stahlträger auf dem neuen Bahnsteig.
Die Neugestaltung des Bahnhofsumfelds ist zum großen Teil noch nicht
abgeschlossen. Abstellmöglichkeiten für Fahrräder sind aber bereits jetzt
ausreichend vorhanden. Hier der neue, überdachte Fahrradstand auf der
Südseite.
Zurück nach Hamburg gehts natürlich wieder mit der S-Bahn.
Das Fahrplanangebot
Die Fahrpläne von S-Bahn und Anschlusszug nach Büchen entsprechen
weitgehend dem Angebot vor der Silllegung 1994. Die S21 fährt
in der Regel alle 20 Minuten, Ankunft auf Minute 15, 35 und 55,
Abfahrt auf Minute 06, 26 und 46. Montags bis freitags in der
Hauptverkehrszeit fährt die S-Bahn alle 10 Minuten.
Die Anschlusszüge haben keinen festen Takt, sie fahren etwa alle 60
Minuten.
Die vollständigen, aktuellen Fahrpläne finden Sie in unserem
Fahrplanbuch online
oder über folgenden direkten Link:
S-Bahn Altona–Aumühle
Nachträge: Seit dem Fahrplan 2015 fahren die Anschlusszüge nach Schwarzenbek und Büchen nur
noch am Wochenende, ab 2018 gar nicht mehr. Zum Fahrplan 2020 wurde der nächstgelegene
Haltepunkt Friedrichsruh auch für die Linie RE1 endgültig geschlossen. Nach der Neuordnung
des S-Bahn-Netzes zum Fahrplan 2024 fährt nach Aumühle nicht mehr die Linie S21, sondern die Linie S2.
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